Also zunächst mal die gesundheitliche Situation, die ist eher durchwachsen, ich scheine dieses Jahr nicht so richtig auf den grünen Zweig zu kommen. Eine Malaria jagt die nächste und wechselt sich immer ab mit einer Infektion und einer Parasitose, oder auf deutsch: „Würmer“. Es ist im Moment Trockenzeit und in dieser Zeit weht ein trockener, staubiger, heißer Wind aus Richtung Sahara, der Harmattan. Generell gibt es in dieser Zeit mehr Infektionskrankheiten und Wurminfektionen.
Und rein meine ganz persönlichen Erfahrungen bestätigen das, aber auch bei den anderen Freiwilligen häufen sich zurzeit die Krankheiten und wir sind alle reichlich genervt. Abgesehen von der Dauerübelkeit die mich jetzt seit knapp 8 Wochen auf Trapp hält, leide ich ein bisschen unter der Hitze und bemühe mich, die totale Mittagshitze mit etwas unter 40°C zwischen 12 und 15 Uhr möglichst in Reichweite eines Ventilators oder eines Eisgekühlten Getränkes mit viel Zucker zu befinden. Nachts wird es meistens erträglich kühl mit um die 25°C. Jetzt habt ihr einen groben Eindruck des Wetters hier.
Ansonsten geht’s mir aber ziemlich gut. Ich verbringe ziemlich viel Zeit in meinem Projekt und habe mich schon ziemlich gut an das togoische System gewöhnt. Allerdings gibt es noch einige himmelschreiende Dinge geben, zumindest für eine ausgebildete Pflegekraft, die dringend geändert werden müssen. Dieses Vorhaben zu verwirklichen raubt mir im Moment den allerletzten Nerv weil ich ein bisschen das Gefühl habe gegen eine wand zu rennen und jeden Tag die gleichen Dinge zu sagen. Natürlich geht es nicht von heute auf morgen seit zwanzig Jahren ausgeübte Gewohnheiten zu ändern und wenn sie auch noch so gruselig sind. Im vergleich zu anderen Zentren hier, ist das in dem ich arbeite aber noch vorbildlich. Nach wie vor wird mein Bild von moderner Medizin jeden Tag etwas zu Recht gerückt. So hab ich zum Beispiel vor ca. drei Wochen bei einer Geburt assistiert. Das schwangere Mädchen ist die Nichte der Familie in der wir die ersten vier Wochen gewohnt haben und da ihr, und der Familie das Geld fehlte um Untersuchungen und Geburt zu bezahlen haben wir zusammengeschmissen und alles bezahlt. Ich war bei der Geburt dabei und sie war wirklich schwer und hat 16 stunden gedauert. Eine Anästhesie steht hier nicht zur Debatte und so hat diese 16 jährige das ganze tapfer durchgezogen. Sosehr ich es hier manchmal äußert unangebracht finden, dass sie in den unmöglichsten Situationen anfangen zu beten, muss ich doch gestehen auch ich habe gebetet als der Junge auf die Welt kam und komplett mit der Nabelschnur umwickelt war. Er hat dann auch etwas länger gebraucht bis zum ersten Schrei und wirklich alle Anwesenden haben in diesem Moment gebetet, denn keiner wollte so ein Ende nach 16 Stunden. Da auch Erstmaßnahmen, hier nur sehr selten und wenn meist doch unzureichend möglich sind, es fehlt schlicht an Mitteln, hätte das ganze böse ausgehen können. Ist es aber nicht!
Der kleine Yao Mawuto Frederic, hat gekämpft und gewonnen.
Ansonsten bin ich auch so recht häufig im Zentrum da ich ein bisschen zur Krankenschwester und Ansprechpartner der Yowos hier geworden bin Und so sieht man mich auch schon mal Freitag – oder Samstagabends gegen 20h oder 21h den Weg in Richtung Zentrum einschlagen oder auch gerne mal nach meinem Nachtdienst ein bisschen länger oder am freien Tag bleiben. Einfach nur weil einer der Yowos mal wieder mit Malaria oder einer Infektion an der Infusion liegen, und mich angerufen hat. So ist das eben wenn man die große Schwester einer Gruppe ist.
Meine Gastfamilie ist super, ich bin zum Mitglied der Familie geworden und wollte mit keiner anderen Gastfamilie tauschen, nicht einmal für Geld. Ich habe sehr viele Freiheiten, und werde respektiert und geschätzt. Meine Gastmutter ist ein Engel und sehr herzlich. Mir hätte hier wirklich nichts Besseres passieren können.
Das einzige was mir im Moment wirklich fehlt, ist das europäische Essen. Meine Gastmutter kocht wirklich gut und ich kann mich nicht beschweren, zumal ich in den letzten Wochen wegen Krankheit ohnehin nicht so viel zu mir nehmen konnte. Aber mal wieder ne Pizza oder einen Bigmäc mit Pommes und Ketchup. Ich habe sogar schon von sauren Weingummis geträumt. Auch einfach nur ein Vollkornbrot mit Käse, das gibt’s hier nämlich beides nicht, oder Müsli mit Joghurt. Es hört sich zwar sehr nach so an als würde ich mich wahnsinnig anstellen, aber habt mal ein halbes Jahr nicht die Möglichkeit an eines dieser Dinge zu kommen, und wir sprechen dann noch mal drüber. Es ist ja nicht so, dass ich es einfach nicht esse, weil es das in meiner Familie nicht gibt. Sondern es gibt diese Dinge einfach in ganz Togo nicht, bzw. einige dieser Dinge (Käse, Joghurt, Müsli) gibt es in der Hauptstadt aber die ist 140km entfernt, das heißt 3 Stunden Taxifahrt hin und 3 zurück, und kostet ein vermögen. Wenn ich zurück komme werde ich vermutlich staunend vor dem Milchregalstehen, bzw. generell min 3 stunden im Supermarkt verbringen. Gut mein Vorteil ist ganz klar das Obst. Ich muss schon sagen ich habe in Deutschland noch nie eine Papaya, Banane, Ananas oder Mango gegessen, wenn ich die Früchte hier als Maßstab nehme. Aber dennoch: ein Königreich für eine Pizza mit Käse und Oregano.
Das Wochenende vor meinem Geburtstag habe ich mit meinem Freund in einem Hotel, in Kuma Konda, in den Bergen in der Nähe von Kpalime (ca. 15 Kilometer entfernt) verbracht und es sehr genossen. Wir haben in einem Hotel gewohnt das noch aus der deutschen Kolonialzeit stammt. Der Charme dieses Ortes wird besonders dadurch geprägt das sich seit ca. 20 Jahren keiner mehr drum gekümmert hat. Das Hotel ist in Regierungsbesitz und der ehemalige Vorzeigeort scheint an Wichtigkeit verloren zu haben. Etwas verwittert und heruntergekommen aber doch mit sehr viel Charme. Den Tag selber hab ich nicht so viel Besonderes gemacht. Abends war ich mit meinem Freund, meinen Gasteltern und zwei engeren Freunden etwas trinken. Gefeiert wurde letzten Samstag, und das richtig groß. Heute hab ich es erstmal geschafft mich aus meinem Zimmer auszusperren. Ich habe bereits seit meiner Ankunft Angst davor. Da es so üblich ist, dass der Freiwillige alle existierenden Schlüssel zu seinem Zimmer bekommt, habe ich am ersten tag auch alle 5 Schlüssel bekommen. Da ich aber ein super Schloss habe wo man die Tür einfach so zuziehen kann und dann ist sie zu, habe ich seit einem halben Jahr jedes Mal wenn ich das Zimmer verlasse fünfmal versichert das ich auch meinen Schlüssel habe. Nur heute Abend nicht und Bingo alle Schlüssel waren im Zimmer, ich war draußen und die Tür war zu! So hat sich dann meine Gastschwester durch die Gitterstäbe meines Fensters gequetscht. Und von innen die Tür aufgemacht. Ich habe dann entschieden, dass es doch besser ist einen Schlüssel bei meinem Gastvaters zu lassen. Was für eine Action.
Außerdem muss ich mich ziemlich groß entschuldigen bei allen die mir in den letzten zwei Monaten E-Mails geschickt haben, und einen Monat auf eine Antwort gewartet, oder immer noch keine bekommen haben. Es ist im Moment relativ schwierig ein Internetcafe zu finden in dem die Verbindung gut ist und das auch noch zeitgleich Strom hat. Sonst kann das Schreiben von zwei E-Mails auch schon mal eineinhalb Stunden dauern. Ich hoffe diese Artikel befriedigen ein wenig eure Neugier und werde mein bestes geben euch allen zu Antworten. Hört bloß nicht auf mir zu schreiben, ich freu mich immer so von euch zu lesen